Rumänien bietet mehr als Dracula, Bären und Wölfe
Rumänien ist seit 2007 Mitglied der Europäischen Union und dennoch eins der eher unbekannteren Länder im Osten Europas. Große Waldflächen, dünne Besiedlung und alte Städte mit Traditionen unterschiedlicher Volksgruppen prägen das Land. Die Freizügigkeit im Arbeitsmarkt führt dazu, dass viele Rumänen in Deutschland in der Industrie, in der Pflege oder als Erntehelfer arbeiten und große Betriebe, wie beispielsweise auch die Firma Dräxlmeier dort Niederlassungen gegründet haben. Hier gibt es eine prosperierende Wirtschaft auf der einen Seite, ein gut funktionierendes Internet und eine kleinstrukturierte Landwirtschaft auf der anderen Seite, wo noch viel mit Pferdefuhrwerken erledigt wird. Das bekannteste Gebirge sind die Karpaten, die große zusammenhängende Waldflächen ohne menschliche Besiedlung aufweisen. Dies waren unter anderem die Gründe für die Reise des Umweltausschusses des Bayerischen Landtags in der sitzungsfreien Woche. Die Landtagsabgeordneten Rosi Steinberger (Bündnis 90/Grüne), die auch Ausschussvorsitzende ist, und Ruth Müller (SPD) waren Teil der.
Rund um Rucar – in etwa 180 Kilometer von Sibiu / Hermannstadt, der Landshuter Partnerstadt entfernt, soll in den Karpaten ein großer Nationalpark entstehen, wenn es nach dem Direktor von „Conversation Carpathian“, Christoph Promberger, geht. Der gebürtige Niederbayer treibt dieses Projekt seit 30 Jahren voran: „Der Nationalpark Bayerischer Wald soll uns als Blaupause dienen und es gibt bereits zahlreiche Kooperationen, aber auch Unterstützung von anderen Stiftungen“. Über 50.000 Hektar unter Schutz zu stellen sei das erste Etappenziel. Und wie es dazu gekommen ist, haben die beiden Abgeordneten auch erfahren: Nach dem Umsturz des politischen Systems in Rumänien hätten die Menschen ihre ursprünglichen Eigentumsflächen zurückbekommen. Doch der Wandel der Zeit hatte auch dazu geführt, dass die neuen Waldbesitzer mit ihrem Forst oft nichts (mehr) anzufangen wussten. Umso mehr wussten einschlägige Holzfirmen die Situation auszunutzen – die Waldflächen wurden billigst aufgekauft und vollständig gerodet. Mit weitreichenden Folgen für die Biodiversität und die Erosion. Als Gegenmaßnahme unterstützt die Stiftung, die Promberger ins Leben gerufen hat, die Wiederaufforstung mit klimatoleranten Bäumen und die Ansiedlung von bedrohten Tieren wie Biber, Wiesent und Fischotter. „Bären werden hier nicht angesiedelt“, weiß Rosi Steinberger aus den Gesprächen: Denn die sind und waren schon immer hier und in den weiten Waldflächen unterwegs. Winterschlaf halten die rumänischen Bären nur noch selten, denn durch den Klimawandel sind die Winter milder geworden. Das führt dann auch dazu, dass sich die Bären in die Siedlungen wagen, um Nahrung zu suchen. „Konflikte sind vorprogrammiert“, so Promberger. Dennoch versuche man, ein Wildtiermanagement zu installieren, dass allen genug Raum bietet – den Bären, den Wölfen und den Menschen. Bei einer Besiedlung von 48 Menschen pro Quadratkilometer gelingt dies auch meistens. Wo sich die Bären zu nah an die Siedlungen wagen, werden sie verscheucht, eingefangen oder nötigenfalls auch getötet. „Bären sind an sich nicht an Menschen gewöhnt, umso wichtiger ist es, dass sie nicht lernen, sich in der Nähe der Menschen aufzuhalten“, erklärt Promberger die Methode des nachhaltigen Verscheuchens beispielsweise durch Elektrozäune. Die Mitglieder des Ausschusses führten viele Gespräche mit unterschiedlichen Akteuren zu Umwelt- und Tierschutzthemen. Dabei wurden bei Vor-Ort-Terminen beispielsweise bei den Schafhaltern die Konflikte angesprochen, die auftreten. Herdenschutzhunde, Hirten und Zäune sorgen aber in der Regel dafür, dass Schäden nicht zu groß werden. Aufgetretene Verluste werden vom Staat ersetzt. Am Ende der fünftägigen Informationsreise standen noch Gespräche mit den politischen Vertretern der Stadt und des Landkreises Hermannstadt auf dem Programm: „In dieser Stadt sieht man auch, wieviel durch den Beitritt zur EU erreicht worden ist“, so Müller nach einem Rundgang durch die gut sanierte Altstadt. Die Partnerstadt von Landshut hat 165.000 Einwohner und war im Jahr 2007 Kulturhauptstadt Europas. Das kulturelle Angebot der Stadt ist nach wie vor sehr umfangreich und bindet alle Minderheiten, die dort durch die verschiedenen historischen und politischen Umwälzungen entstanden sind, nachhaltig ein. „Eine rundum interessante und vor allem sehr europäische Stadt, die Lust macht auf weitere Besuche“, fasst Rosi Steinberger, MdL ihren Eindruck der Reise zusammen. Und wer bei Rumänien an Graf Dracula denkt – auch sein Schloss ist nicht weit von Sibiu entfernt. Vampire gibt es aber nur noch in den Erzählungen.
Bild: Ruth Müller, MdL und Rosi Steinberger, MdL – im Hintergrund eine Schafherde in der Region Sibiu, die 2x täglich von den Hirten gemolken wird -> Käseherstellung am Hof