Sonntag, November 10, 2024
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Rückert Preis: Coburg ehrt moderne hebräische Literatur

DER PREIS WIRD IM MAI ZUM SIEBTEN MAL VERLIEHEN

Der Coburger Rückert-Preis wandert durch die Regionen, aus deren Sprachen der Coburger Dichter und Orientalist Friedrich Rückert übersetzte. Im kommenden Jahr verleiht die Stadt Coburg ihn zum siebten Mal. Diesmal ist er der hebräischen Literatur gewidmet, also für eine Autorin oder einen Autor vorgesehen, der bzw. die in hebräischer Sprache publiziert. Der Preis ist mit 7500 Euro dotiert; zusätzlich erhält die jeweilige Übersetzerin oder der Übersetzer 2500 Euro. Am Sonntag präsentierte die Jury ihre Shortlist. Ihre Mitglieder sind Prof. Dr. Claudia Ott, Übersetzerin und Honorarprofessorin für Arabistik an der Universität Göttingen, Tali Konas, Übersetzerin und Kulturreferentin der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Tel Aviv, sowie Michael Guggenheimer, Zürcher Autor und Kenner der hebräischen Literatur. 

Für Friedrich Rückert hatte das alte Hebräisch eine besondere Bedeutung, da es die Sprache der Bibel und Referenzsprache für viele jüngere semitische Sprachen wie das moderne Arabisch ist. Rückert übersetzte unter anderem 70 hebräische Psalmen ins Deutsche und imitierte dabei sprachliche Muster, um die Schönheit des Hebräischen in der Übersetzung erlebbar zu machen. Während einige andere biblische Bücher in Rückerts Übersetzung gedruckt vorliegen, existiert seine wunderschöne Psalmenübersetzung nur als Handschrift in einem Archiv. „Ein Schatz, den es in der Rückert-Forschung noch zu heben gilt“, so Claudia Ott in ihrem Einführungsvortrag zur Verbindung Rückerts mit der hebräischen Literatur.

Das moderne Hebräisch ist eine wiederbelebte Form des biblischen Hebräisch, das über zwei Jahrtausende hinweg als Schrift- und Sakralsprache genutzt wurde. „Das macht Hebräisch gleichzeitig zu einer der ältesten und jüngsten Sprachen der Welt“, erklärte die Jurorin Tali Konas. Im 19. Jahrhundert wurde die hebräische Sprache modernisiert, wobei sie sich grundlegend verändert hat. So wurden viele Wörter, die im alten Hebräisch noch nicht existierten, erfunden und aus anderen Sprachen übersetzt. „Wörter wie Zeitung oder Erdapfel wurden zum Beispiel direkt aus dem Deutschen ins Neuhebräisch übersetzt“, erläutert Konas. Heute finden sich im Hebräischen unter anderem deutsche, russische und arabische Einflüsse. Durch die Umsiedlungsbewegung nach Palästina wurde Hebräisch zur Sprache der dort lebenden Jüdinnen und Juden.

Heute gibt es einen reichen Schatz moderner hebräischer Literatur, die auch in Deutschland viele Fans hat. “Etwa 200 Titel sind in deutscher Übersetzung erhältlich“, berichtet der Juror Michael Guggenheimer in seiner Landkarte der modernen hebräischen Literatur. Vier Autor*innen stehen auf der Shortlist für den kommenden Rückert-Preis.

Darunter ist der bekannte Schriftsteller David Grossman, Friedensaktivist und Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels. „Seine Bücher berühren mit Weisheit alle brennenden Themen der israelischen Gesellschaft“, so die Jury.

Ebenfalls nominiert ist Ayelet Gundar-Goshen. Die studierte Psychologin lässt ihre Erfahrungen in tiefgründige Figuren einfließen. „Sie führt ihre Leser immer wieder an die Grenzen der eigenen Urteilskraft und spricht mit ihrer Themenauswahl viele für die israelische Gesellschaft typische Probleme an“, begründet die Jury ihre Wahl.

Dror Mishani, der bekannteste Krimiautor Israels und Literaturwissenschaftler mit dem Spezialgebiet Geschichte der Kriminalliteratur, ist ebenfalls nominiert. „Mishanis raffinierte Romane sind spannend, hochliterarisch und lassen tief in die Seelen der Protagonisten blicken“, urteilt die Jury.

Mit Agi Mishol steht auch eine Lyrikerin auf der Shortlist. Erst kürzlich erschien ein ganzer Band mit Übersetzungen ihrer Gedichte in Deutschland. „Sie gilt als ausgesprochene Naturlyrikerin, deren einfühlsame Gedichtzyklen voller Empathie für den Kreislauf der Natur sind“, so die Jury.

Die Jury wird am 31. Januar, Friedrich Rückerts Todestag, bekannt geben, wer den Preis 2025 erhält; die feierliche Preisverleihung findet am Geburtstag des Dichters im Mai statt. Bis dahin haben die Coburger*innen Zeit, die moderne hebräische Literatur für sich zu entdecken. Werke der genannten Autor*innen sind in der Stadtbücherei erhältlich, und die Buchhandlung Riemann wird in den kommenden Tagen einen Thementisch zum Rückert-Preis einrichten.

BU: v.l.n.r.: Norbert Anders (Amtsleiter Amt für Schulen, Kultur und Bildung), Kerstin Lindenlaub (Kulturabteilung der Stadt Coburg), Michael Guggenheimer (Jurymitglied), Tali Konas (Jurymitglied), Prof. Dr. Claudia Ott (Juryvorsitzende), 3. Bürgermeister Can Aydin

Bild: STADT COBURG

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