Donnerstag, Oktober 10, 2024
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Wie man auch im Winter die Berge in vollen Zügen genießen kann

Die Alpen-Gebietsbetreuerinnen des Landkreises Rosenheim Katharina Amelung und Elisabeth Rudischer erklären, warum bei Skitouren, Schneeschuh- und Winterwanderungen in den Bergen der Schutz der Natur so wichtig ist und welche Regeln es zu beachten gibt. Außerdem geben sie einfache Tipps, wie man mit einfachen Methoden auf naturverträgliche Weise die winterliche Bergwelt in vollen Zügen genießen kann. Amelung und Rudischer haben die Informationen in einer Erzählung aus dem Winterwald verpackt.

Endlich ist es soweit, der Winter ist da und gibt bisher, was die Schneemenge angeht, alles! Um den Spaß von Skitouren, Schneeschuh- und Winterwanderungen in vollem Umfang zu genießen, ist eine umfassende Vorbereitung auf die Tour unumgänglich. Jetzt heißt es Ausrüstung prüfen, Schneelage checken, Wetter im Auge behalten und Lawinenlagebericht kontrollieren. Puh, alles erledigt, jetzt kann es los gehen! Und dann im Gelände auf einmal groß und deutlich, in strahlend gelb, ein Stopp-Schild: „Was steht da drauf? Wald-Wild-Schongebiet, Skibergsteigen umweltfreundlich. Skitourengeher und Schneeschuh- und Winterwanderer bitte nicht betreten? Was soll das denn, ich hab doch meine Tour da lang geplant?!?“

Die Erklärung dazu ist ganz einfach: Wir Menschen sind im Alpenraum Gäste, sozusagen Besucherinnen und Besucher bei den Wildtieren, und die reagieren im Winter besonders empfindlich auf unerwartete Störungen. Eigentlich genau wie die meisten Menschen, wenn sie unangekündigten Besuch bekommen und Kühlschrank und Speisekammer nichts zur Verköstigung der spontanen Gäste hergeben und man vielleicht einfach nur seine Ruhe haben möchte. Bei uns Menschen zeigt sich die Reaktion mit Stress, bei Wildtieren kommt hierbei noch der Energieverbrauch durch die plötzliche Flucht vor der Störung hinzu. Dieser ist vergleichbar mit dem Spritverbrauch eines Autos, das innerhalb kürzester Zeit von 0 auf 100km/h beschleunigt werden soll – enorm hoch! Wer mit dem Autovergleich nichts am Hut hat, kann sich daran erinnern, wie anstrengend es beim Fangen spielen war, schnell und spontan wegzurennen, weil der Fänger oder die Fängerin plötzlich einen selbst ins Visier genommen hat. Oder können Sie sich daran erinnern als Sie das letzte Mal erschreckt worden sind? Da steigt der Adrenalinspiegel, der Puls springt in die Höhe und ebenso der Energieverbrauch.

Aber was hat das alles mit diesem Wald-Wild-Schongebiet zu tun? Ganz einfach, Wald-Wild-Schongebiete  sind Bereiche, die als Rückzugsort für verschiedene Wildtiere dienen und durch den freiwilligen Betretungsverzicht beruhigt werden sollen. Ausgewiesen wurden die Gebiete im Rahmen des Projekts „Natürlich auf Tour – Skibergsteigen umweltfreundlich“ vom Deutschen Alpenverein (DAV). Häufig sind diese Bereiche auch der Lebensraum für Raufußhühner, besonders des Birkhuhns. Das ist heute im bayerischen Alpenraum aufgrund von Lebensraumverlust und dem steigenden Besucherdruck stark vom Aussterben bedroht. Daher ist es wichtig, Wald-Wild-Schongebiete im Zeitraum vom 01.Dezember bis zum 31.Mai nicht zu betreten, sodass die Tiere im Winter möglichst ungestört bleiben und ihre Energiereserven nicht zur Flucht vor menschlicher Störung verbrauchen müssen. Denn nur die Tiere, die den Winter gut überstehen und stark in den Frühling starten, sind auch bereit für die Balz, die Paarung und anschließende die Aufzucht der Nachkommen, was wiederum essentiell für den Erhalt einer Art ist. Daher erstreckt sich der Zeitraum auch bis zum 31.Mai, um eine ungestörte Jungenaufzucht im Frühjahr zu berücksichtigen.

Zurück zu unserer Skitour: Was tun, wenn man jetzt schon im Gelände steht und vor Ort erst bemerkt, dass die geplante Tour durch ein Wald-Wild-Schongebiete führt? Im besten Fall, gibt es eine Alternative, die das Gebiet umgeht, hier muss natürlich selbstständig die Lawinengefahr überprüft werden. Und für die Zukunft berücksichtigt man bereits bei der Tourenplanung, ob diese durch Wald-Wild-Schongebiete führt und vermeidet so eine Umplanung im Gelände. Wo genau diese Gebiete liegen, kann man entweder den Wanderkarten des DAVs entnehmen oder sich in der AlpenvereinAktiv-App anzeigen lassen. Auch diverse Outdoortourenapps haben eine Funktion, sich die Wald-Wild-Schongebiete auf der Karte anzeigen zu lassen.

Neben Wald-Wild-Schongebieten, gibt es auch Wildschutzgebiete, hier gilt ein Betretungsverbot. Sie dienen dem Erhalt von Wildarten und der Wildschadensverhütung in den Wäldern und schützen deshalb Rast-, Futter-, Setz- oder Brutplätze. Sie sind deshalb fast immer auf die Notzeit für das Wild, den Winter, und die Zeit der Jungenaufzucht in den Frühjahrsmonaten, begrenzt. In diesen Monaten, der Zeitraum ist auf den Schildern vermerkt, dürfen die Gebiete nicht betreten werden und es gilt ein grundsätzliches Wegegebot, das heißt. man darf die Wege, die dieses Gebiet queren, nicht verlassen, auch Hunde nicht. Ausgewiesen werden diese Gebiete von der unteren Jagdbehörde. Wildschutzgebiete gibt es im Landkreis Rosenheim zum Beispiel im Naturschutzgebiet Geigelstein. Hier dürfen festgelegte Bereiche innerhalb des Naturschutzgebietes zwischen dem 01.Dezember und dem 31.Mai nicht betreten werden. Diese sind auf Karten und Infotafeln leicht identifizierbar und auch in den Outdoorapps abrufbar. Zusätzlich herrscht in Naturschutzgebieten ganzjährig ein Wegegebot, das heißt. man darf sich nur auf ausgewiesen Wanderwegen aufhalten. Für Hunde gilt außerdem die Leinenpflicht. Die genauen Verhaltensregeln sind in der Naturschutzgebietsverordnung festgehalten. Jäger, Förster, Ranger oder Naturschutzwächter sind befugt eine Missachtung zur Anzeige zu bringen, die Strafe kann bis zu 50.000 € betragen.

Nochmal zurück zu den Wald-Wild-Schongebieten: um Überraschungen im Gelände zu verhindern, sollte man sich im Vorfeld immer über die Lage der Wald-Wild-Schongebieten informieren. Sollte ein entsprechendes Gebiet auf der geplanten Route liegen, wählt man im Optimalfall eine Alternative, um die Tour ohne schlechtes Gewissen durchzuführen. So einfach kann jeder zum Schutz der Wildtiere und dem Erhalt der Artenvielfalt im heimischen Gebirge beitragen und die Natur trotzdem in vollen Zügen genießen!

Neben dieser Thematik, sollten weitere Punkte bei der Planung der Tour beachtet werden.

Tipps für eine naturverträgliche Tour:

  • Sich über „Natürlich auf Tour“- informieren und Routenempfehlungen beachten
  • Schutz- und Schongebiete für Pflanzen und Tiere respektieren, nicht betreten, Lärm vermeiden
  • Keine Touren in der Dämmerung und nachts
  • Auf den Wegen bleiben, sich an gespurten Wegen orientieren,
  • Vegetation schonen und gebündelt abfahren
  • Abfall wieder mit ins Tal nehmen und dort entsorgen
  • Umweltfreundlich mit den Öffis anreisen
  • Sich an der Schönheit der Natur erfreuen
  • Keine Ortsangaben zur Tour oder dem Gipfel auf Social Media

Abschließend wollen wir euch viel Spaß bei der Tourenplanung und deren Durchführung wünschen. Bleibt sicher auf den Wegen und informiert euch vor jeder Tour über die aktuelle Lawinenlage, sodass ihr die Tour unbeschadet genießen könnt!

BU: Wildtiere reagieren im Winter besonder empfindlich auf unerwartete Störungen.

Foto: Landratsamt Rosenheim/Katharina Amelung.

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